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Erfurt im Glück? Seit Sonntag, gegen 13.30 Uhr, sollte sich jeder besser, reicher, sicherer und gesünder fühlen als je zuvor. Etwa nicht? Dann ist wohl etwas schief gegangen bei der Grundsteinlegung für den „Turm der Unbesiegbarkeit“, die Anhänger des Maharishi-Kults am Sonntag im Sorbenweg feierten – mit Räucherstäbchen, Blumenketten und gedecktem Apfelkuchen aus Frömmstedt.

Die etwa 50 Anhänger Maharishis jedenfalls wähnen sich im Glück und sind optimistisch, dass die Bauverwaltung dem Bau einer Meditationsschule in Form eines Palastes aus Marmor und Gold, versehen mit einem 48 Meter hohen Turm, keinen Strich durch die Rechnung machen wird (TLZ berichtete).

Angelika Gottschall vom Erfurter Fanfarenorchester hatte zunächst ganz andere Sorgen: Wer kennt den Zeitplan, wann sollen ihre Musiker spielen? Wissen dürfte dies Martina Bergmann, örtliche Repräsentantin des Maharishi-Erleuchtungscenters in Erfurt, die von ihrer gleichnamigen Bäckerei einen Verkaufswagen vorausgeschickt hat, aber zunächst selbst fehlt.

Verteilt wird kostenlos Kuchen aus der Landbäckerei, der Kaffee muss noch warten. Ebenso die Musiker, die sich zwar über eine sonntägliche Grundsteinlegung gewundert hatten, doch an einem Schulneubau nichts Anstößiges hatten finden können. Irritiert zeigen sich auch die Mitglieder des Schalmeienmusikvereins Voigtstedt, als sie erfahren, dass kein Grundstein einer Bäckerei, sondern der eines Tempels gelegt werden soll. Gespielt wird dennoch – und der Chef der Gruppe wird von seinen Kollegen getriezt, bei Vertrag und Gage darauf geachtet zu haben, dass Euro hinter der Summe steht. Schließlich haben sie gerade etwas vom „Raam“ gehört, der ganz eigenen Maharishi-Währung, für die es in Holland sogar etwas zu kaufen geben soll.

Das behauptet jedenfalls Wolfgang Gied aus dem glücklichen Hannover: Dort gibt es nämlich schon einen Friedenspalast, auf den Erfurt noch warten muss. Statt neu zu bauen, wurde in der niedersächsischen Hauptstadt einfach ein repräsentatives Gebäude gekauft.

In Erfurt machen sich die Maharishi-Fans das Ganze nicht so einfach: Im strömenden Regen steigt Emanuel Schiffgens, Kurator der Maharishi-Stiftung und Geschäftsführer der Maharishi-Veda-GmbH, gehüllt in ein asiatisch anmutendes Gewand, in eine soeben ausgehobene Grube. Dass die Schalmeien dabei „Wien bleibt Wien“ spielen, stört niemanden. Was ist im Grundstein, einem kupfernen Gefäß denn drin? „Edelmetall, Edelsteine, Blütenblätter, natürlich Reis“, sagt Schiffgens, der sich Raja Schiffgens nennt – ein Titel „aus dem globalen Land des Weltfriedens“, wie er sagt. Der Inhalt des Grundsteins soll Glücksbringer für das Haus sein, das schließlich drei Millionen Euro kosten soll und Rendite nicht nur den Käufern einer so genannten Unbesiegbarkeitsanleihe bringen soll. Profitieren werde auch Erfurt, verspricht Schiffgens, der mit seinen Anhängern in der „Natursprache Sanskrit“ gebetet hat für den geplanten Tempel. Fast entrückt Blumen haltend, haben sich die Maharishi-Fans ihrer Schuhe entledigt, zuvor aber noch die Nationalhymne angestimmt im Festzelt, auf das der Regen trommelt. Die Stimmung ist getragen, nach der zuvor fröhlichen Kutschfahrt, die zum Anger führen sollte und doch – aus Zeitmangel, wie es heißt – schon am Hauptbahnhof mit einem Mannschaftsfoto endet. Schließlich sollten pünktlich um 13.22 Uhr in 192 Ländern der Welt Grundsteine für Friedenstürme gelegt werden, wie es heißt. Erfurt verspätet sich, doch Martina Bergmann hält dies für kein Problem an diesem Tag, dem „glückverheißenden vedischen Fest von Guru Purnima“ in der Mitte Deutschlands.

Und der Regen? Wäre denn nicht mit yogischem Fliegen und transzendentaler Meditation die Sonne zu locken gewesen, wenn sich damit doch Herzinfarkte, Kriminalität und der Weltfrieden regeln lassen, will die TLZ wissen. Der Regen sei ein Zeichen der Zufriedenheit der Götter, sagt Schiffgens. Er trägt dabei ein Lächeln im Gesicht, als würde er seine Worte selbst glauben.

29.07.2007 Von Frank Karmeyer

Frank Karmeyer

Journalist

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